Hoch auf den Berg
Stephan Gmür verbringt gerne und viel Zeit in den Bergen. Doch angewiesen auf einen Rollstuhl, ist dies nicht immer so idyllisch, wie es sein sollte. «Schlussendlich geht es nicht nur um die Barrierefreiheit von Gebäuden. Es geht darum, dass ganze Destinationen inklusiver werden», meint Stephan.
Details machen den Unterschied
Die Suche nach zugänglichen Hotels und Informationen zu den Aktivitäten vor Ort wird schon vor der Ankunft am Zielort für Stephan ein Thema: «Es reicht mir nicht, dass zum Beispiel nur das Hotel selbst rollstuhlgängig ist. Ich will schliesslich auch etwas in der Destination erleben», meint Stephan, der von der Bergwelt begeistert ist. Von der Parkplatzsituation bis zu den Freizeitmöglichkeiten – jedes Detail spielt für ihn eine Rolle. Neben der Übernachtung in einem barrierefreien Hotelzimmer ist es für Stephan genauso essenziell, dass er das Auto auf einem Behindertenparkplatz parken kann. «Und natürlich auch, dass die Bergbahn zugänglich ist. Und das Bergrestaurant über ein rollstuhlgerechtes WC verfügt. Es gäbe noch ganz viele weitere Aspekte», meint er. Stephan ist auf alle Informationen bezüglich der Barrierefreiheit vor Ort angewiesen. Nur so kann er sich unangenehme Überraschungen ersparen.
Wir alle sind in der Verantwortung
Warum das wichtig ist? «Ich kann ein ganz einfaches Beispiel geben: Das Aussteigen aus dem Auto dauert für mich jedes Mal etwa fünf Minuten», schildert Stephan. «Wenn ich dann zum Beispiel erst beim Restaurant merke, dass dieses für mich gar nicht zugänglich ist, investiere ich gleich nochmals fünf Minuten, um wieder in das Auto einzusteigen und ein anderes zu suchen. Im schlimmsten Fall regnet es dann noch…».
Die Interaktion mit der Umgebung führt zu weiteren Hindernissen. «Einmal wurde mein Auto auf einem Behindertenparkplatz zugeparkt. Der verantwortliche Autofahrer meinte nur, dass ich froh sein solle, dass das Wetter so schön sei. Würde es regnen, wäre diese Situation für mich um einiges ungemütlicher.» Solche Begegnungen verdeutlichen, dass die Herausforderungen nicht nur physischer Natur sind, sondern oft auch eine mangelnde Sensibilisierung für die Bedürfnisse von Menschen im Rollstuhl widerspiegeln. «Umso wichtiger finde ich es auch, dass Mitarbeitende mit Gästekontakt wissen, was Menschen mit Behinderungen für Bedürfnisse mit sich bringen.»
2004 wurde das Behinderten Gleichstellungsgesetz verabschiedet. 20 Jahre hatte die Schweiz Zeit, im Gesetz verankerte Massnahmen umzusetzen. «Wenn man bedenkt, dass Elektroautos noch keine 20 Jahre alt sind, frage ich mich, warum die Parkplätze mit Ladestation nicht von Anfang an barrierefrei gestaltet werden. Das zeigt mir, dass nicht nur die Politik, sondern auch die Wirtschaft eine grosse Verantwortung trägt, wie barrierefrei der öffentliche Raum gestaltet ist.»
Stephans Schilderungen verdeutlichen, dass die Herausforderungen für Menschen mit Gehbehinderungen beim Reisen vielschichtig sind. Seine Geschichte appelliert nicht nur an die bauliche Zugänglichkeit und die Kommunikation von Zugänglichkeiten, sondern auch an das Verständnis und die Sensibilisierung für die Bedürfnisse von reisenden Menschen mit Mobilitätsbehinderungen. «Es ist an der Zeit, nicht nur Hotels, sondern ganze Destinationen inklusiver zu gestalten und eine Welt zu schaffen, die für alle zugänglich ist.»